Synchisit aus Dainrode
Mit freundlicher Genehmigung der VFMG veröffentlichen wir den Aufschluss-Artikel
den unser Vereinsmitglied Hartmut Stöckle zum Synchisit aus Dainrode verfasst hat:
Synchisit vom Steinbruch Hunold
bei Dainrode
– Ein Neufund von 2019
Zusammenfassung
Der Steinbruch Hunold liegt bei Dainrode in Nordhessen am Rande des Kellerwaldes und wird seit vielen Jahren von der Firma HEINRICH MÜTZE Bauunternehmen GmbH & Co. KG hauptsächlich zur Gewinnung von Schotter und Split betrieben. Im Rahmen einer Exkursion der VFMG-Sommertagung 2019 konnte hier ein von diesem Fundort bisher nicht bekanntes Mineral nachgewiesen werden – der Synchisit.
Abstract
The Hunold-quarry is situated close to the village Dainrode in the north of Hessen, at the edge of the Kellerwald. It has been exploited for many years by “HEINRICH MÜTZE Bauunternehmen GmbH & Co. KG”, mainly with the aim of producing gravel. During a field trip of the Summer-meeting 2019 of the VFMG, a till then unknown mineral, the Synchisite, could be found there in a single specimen.
Im Steinberuch Honold bei Dainrode sind unterkarbonische Grauwackensedimente aufgeschlossen. Ausführliche Hinweise zur Geologie und Mineralogie des Steinbruchs Dainrode finden sich in der Veröffentlichung „Mineralienfundort am Rande des Kellerwaldes – der Steinbruch Hunold bei Dainrode“ von Rolf Mell Mineralienwelt 01-2019 (1).
Einige Jahre zuvor hatte ich gemeinsam mit Sammlerfreunden diese Fundstelle bereits besucht. Damals fanden wir die an dieser Fundstelle bekannten, auf Calcit-Skalenoeder aufgewachsenen Chalkopyrite, die attraktive Stufen bildeten. Leider waren die Funde diesmal eher bescheiden. Lediglich meine Sammlerfreunde Eberhard und Ellen fanden wenige kleine Stüfchen mit Chalkopyrit. Trotzdem landeten einige Dolomit-Brocken in meinen Eimer.
Zuhause unter dem Binokular war zunächst nichts Nennenswertes dabei, bis ich auf einem kleinen Stück mit Dolomit-Rasen zwei ca. 2 mm große grüngelbe Kristallgrüppchen entdeckte. Bei näherer Betrachtung handelte es sich um sechseckige Plättchen. Mein erster Gedanke war Synchisit. In ähnlicher Form habe ich bereits schöne Stufen vom Steinbruch Petersberg bei Halle. Die Listen der in Dainrode gefundenen Mineralien (Mineralienatlas, Mindat.org und Veröffentlichung über den Steinbruch Dainrode von Rolf Mell in Mineralienwelt 01-2019) führten zu keinem Ergebnis. Synchisit war nicht enthalten und es kam kein Mineral mit einer Ausbildung als sechseckige Plättchen vor. In der Zwischenzeit hatte ich ein Foto (siehe Bild) von dem Kristallaggregat angefertigt und wandte mich an Jörg Mathusek, der die VFMG-Tagung organisiert hatte. Er hatte ein solches Mineral von Dainrode noch nicht gesehen und stellte für mich den Kontakt zu Rolf Mell her. Nach E-Mail-Kontakt und ausgiebigem Telefonat mit Rolf Mell war letztendlich das Fragezeichen immer noch vorhanden.
Meine Sammlerfreunde Angela und Ilko Brauch erklärten sich freundlicherweise bereit, mit dem von ihnen speziell für die einfache und zerstörungsfreie Analyse kleinster Mineralien auf Micromounts entwickelten und angebotenen Raman-Spektrometer eine Analyse anzufertigen. Corona-bedingt, ich wollte die Stufe nicht mit der Post versenden, verzögerte sich die Analyse per Raman. Ende Juni war es dann aber endlich soweit und bei einem Besuch konnte Ilko die Analyse durchführen. Das bei der Analyse erhaltene Raman-Spektrum passte sowohl zu Synchisit-Ce als auch zu Parisit-Ce. Diese gehören beide zu einer Gruppe vier sehr ähnlicher Fluorcarbonate, welche neben den genannten Mineralen noch Bastnäsit-Ce und Röntgenit-Ce umfassen. Alle Mitglieder der Gruppe besitzen gemeinsame strukturelle Elemente, weshalb diese sehr häufig in gleicher Orientierung miteinander verwachsen sind (vgl. Hughes, Mariano 1993 (2)).
Chemische Formeln:
Synchisit Ce CaCe(CO3)2F
Parisit-Ce Ca Ce2(CO3)3F2
Bastnäsit-Ce (Ce,La)(CO3)F
Röntgenit-Ce Ca2(Ce,La)3(CO3)5F3
Bastnäsit-Ce lässt sich aufgrund der Raman-Analyse ausschließen, für Röntgenit-Ce liegt bislang kein geeignetes Vergleichsspektrum vor.
Form und Farbe sprechen sehr stark für Synchisit-Ce weshalb ich bis auf weiteres hiervon ausgehe. Für eine weitergehende Bestimmung wäre eine zusätzliche EDX-Analyse zur Ermittlung der Verhältnisse der elementaren Zusammensetzung denkbar (bei Synchisit ist das atomare Verhältnis zwischen Ca und Ce 1:1 gegenüber 1:2 beim Parisit).
Da andere Analysen nicht zerstörungsfrei durchgeführt werden können und bisher nur eine Stufe gefunden werden konnte, wird, solange keine weiteren Analysen möglich sind, vorläufig von Synchisit-Ce ausgegangen.
Interessant ist weiterhin, dass bis jetzt kein Mineral mit dem chemischen Element Ce (Cer) von Dainrode beschrieben wurde. Cer gehört zu den seltenen Erden und es wäre sicher interessant eine Erklärung zu bekommen, woher das Cer im Steinbruch Dainrode kommen könnte. Hierfür fehlen mir als Hobby-Sammler die Kenntnisse. Vielleicht hat aber jemand der vielen Mineraliensammler und Mineralogen eine Idee. Über eine Diskussion hierzu würde ich mich freuen. Es bleibt auf jeden Fall spannend.
Das Glück zu haben, nach 30 Jahren Sammlertätigkeit ein offensichtlich neues Mineral von einer Fundstelle zu finden, war für mich ein besonderes Erlebnis. Ich wünsche mir, dass von weiteren Sammlern Synchisit in Dainrode gefunden wird, möchte aber meinen Wunsch mit der Bitte verbinden, den Steinbruch nur nach einer Betretungsgenehmigung durch den Steinbruchbetreiber Familie Mütze zu betreten. Die Familie Mütze war uns Mineraliensammlern bis heute immer wohlgesonnen und das soll es auch in Zukunft bleiben.
Literatur
- MELL R. (2019), Mineralienfundort am Rande des Kellerwaldes – der Steinbruch Hunold bei Dainrode, Mineralien-Welt 1/2019, S. 16-41, Bode-Verlag, Salzhemmendorf
- Ni Y, Hughes J M, Mariano A N, (1993) The atomic arrangement of bastnasite-(Ce), Ce(CO3)F, and structural elements of synchysite-(Ce), röntgenite-(Ce), and parisite-(Ce), American Mineralogist, 78, 415-418)
- www.mineralienatlas.de, abgerufen am 15.09.2019
- mindat.org, abgerufen am 15.09.2019
Danksagung
Der Autor bedankt sich für die Unterstützung und nützliche Hinweise bei Michael Hohl, Ellen und Eberhard Zeh und Rolf Mell, sowie im Besonderen bei Angela und Ilko Brauch für die Erstellung der Raman-Analyse und die fachliche Beratung.
Autorenvita
Hartmut Stöckle Jahrgang 1950, sammelt seit 1990 Mineralien. In seiner Sammlung befinden sich fast ausschließlich selbst gesammelte Mineralienstufen. Ein weiteres Betätigungsfeld ist die Mikro- und Makrofotografie von Mineralien.